1 Einführung

1.1 Programmbeschreibung

Archimedes Geo3D ist eine dynamische Raumgeometriesoftware (DGS oder DRGS) mit den folgenden grundlegenden Eigenschaften:

Der einzige Unterschied zu bekannten DGS wie Euklid, Cinderella oder ZuL ist, dass es sich um ein Raumgeometrieprogramm handelt.

Wer solche Programme kennt, sollte sich also schnell zurechtfinden.

1.2 Voraussetzungen

Windows:
Die Hauptentwicklungsplattform ist Windows. Archimedes läuft unter allen Windows-Versionen ab 98. Windows 95 ist ungetestet.
Linux:
Eine Linux-Version von Archimedes Geo3D wird ebenfalls regelmäßig aktualisiert. Distributionen für SuSE Linux 10.4 sowie Ubuntu Linux 7.10 stehen zum Download bereit.
Max OS X:
Unterstützt werden Intel- und PowerPC-Macs mit OS-X ab Version 10.4.
Grafikkarte:
3D-Geometrie in Echtzeit ist ohne hardwarebeschleunigte 3D-Grafik nicht möglich. Die wichtigste Voraussetzung ist also eine OpenGL-fähige Grafikkarte. Hierbei ist es weniger wichtig, dass die neuesten Erweiterungen für aktuelle Spiele unterstützt werden, als dass die Grafikkarte einen stabilen OpenGL-Treiber verwendet. Aktualisieren Sie im Zweifelsfall ihre Treiber. Wichtige Punkte:
Prozessor:
Bei kleinen Konstruktionen (also solchen, die ohne rekursive Makros erstellt wurden) genügt ein 500MHz-Prozessor. Bei Ortsflächen sollte man sich dann aber auf eine geringe Zahl von Stützpunkten beschränken.

Will man über rekursive Makros Konstruktionen mit mehreren tausend Objekten erstellen, so darf der Prozessor ruhig etwas schneller sein. (Ein Tetraederfraktal mit zwei Rekursionen hat z.B. 2608 Objekte. Es lässt sich auf meinem Rechner mit 1GB Ram und 1,6GHz Prozessor noch gut interaktiv verkleinern und vergrößern, es „ruckelt“ nur etwas. Die Szene lässt sich absolut flüssig drehen.)

Speicher:
Bei einfachen Konstruktionen belegt das Programm auf meinem System ca. 16 MB im Speicher. Nach oben hin sind dem Speicherbedarf natürlich keine Grenzen gesetzt, aber mit weniger als 32 MB sollte man es wohl besser nicht versuchen.

1.3 Bedienkonzept

Die ursprüngliche Bedienkonzeption von Archimedes Geo3D entspricht der von Geometers Scetchpad und KSEG: Man markiert zuerst die Ausgangsobjekte (z.B. zwei Geraden) und klickt dann auf „Punkt“, so dass man den Schnittpunkt erhält.

Vorteil:
Man kann, wenn man weiß, welche Möglichkeiten es gibt, sehr schnell konstruieren, insbesondere, wenn man die Tastenkürzel beherrscht. In der folgenden Tabelle wird die Konstruktion einer Kugel in Archimedes mit der Konstruktion eines Kreises in Euklid DynaGeo verglichen:
Kugel mit Archimedes Kreis mit Euklid


Doppelrechtsklick für freien PunktShift-Klick auf Punkt konstruieren
Doppelrechtsklick für freien PunktKlick in die Zeichnung für freien Punkt
Klick auf den ersten Punkt Klick in die Zeichnung für freien Punkt
Shift-Klick auf den zweiten Punkt Klick auf Kreis
Klick auf Kugel Klick auf den ersten Punkt
Klick auf den zweiten Punkt

Nimmt man Tricks wie „Shift-Rechts-Doppelklick“ für gleichzeitiges Erzeugen und Markieren zu Hilfe, kann man noch zwei Arbeitsschritte sparen. Je häufiger man die Art des konstruierten Objektes wechseln muss, desto mehr Arbeitsschritte spart man mit Archimedes.

Nachteil:
Dieses Vorgehen ist unintuitiv, da man vorher wissen muss, welche Objekte zur Konstruktion von z.B. einer Ortsfläche benötigt werden, das Programm kann keine Tipps geben.

Daher habe ich diese zweite Möglichkeit, zuerst die Art des zu konstruierenden Objektes und dann die Basisobjekte anzugeben, zusätzlich eingebaut.

Wenn man nun also auf „Punkt“ klickt, entscheidet das Programm in Abhängigkeit der markierten Objekte:

Alle Arten von konstruierbaren Objekten sind auch über das Menü „Neues Objekt“ zu erreichen. Hier kann man sich also einen Überblick verschaffen, was es alles gibt. Wählt man eine Konstruktion über „Neues Objekt“, so werden die vorher markierten Objekte in keinem Fall berücksichtigt.

Zusätzlich gibt es die „intelligenten“ Knöpfe „Normale“, „Parallele“ und „Schnitt“ im „kleinen Toolbar“ (siehe den Abschnitt zum kleinen Toolbar ).

1.4 Kurzanleitung

Dieser Abschnitt ist für all jene, die fast nie Anleitungen lesen und Computerprogramme ohnehin immer gleich kapieren.

Ich empfehle als ersten Schritt aber das Durcharbeiten der Tutorials unter Hilfe - Tutorials in der dort vorgegebenen Reihenfolge.

1.4.1 Navigation

Wenn die Maus nicht auf ein Objekt zeigt, kann man in der Zeichnung navigieren. Durch gleichzeitiges Drücken von ALT (unter Linux Strg Alt) kann man auch navigieren, wenn der Mauszeiger auf ein Objekt zeigt.

Links ziehen:
Drehen. Wenn man beim Ziehen die Maustaste loslässt, kann man die Zeichnung in kontinuierliche Drehung versetzen.
Rechts ziehen:
Zoom.
Rechts + links ziehen:
Zeichnung verschieben.

1.4.2 Objekte auswählen

In der Zeichnung:
Klick auf das Objekt wählt das Objekt aus und löscht die alte Auswahl. Shift-Klick oder Strg-Klick wählt das Objekt zusätzlich aus.
Im Baum/In der Liste:
Klick auf den Namen wählt das Objekt aus und löscht die alte Auswahl. Strg-Klick auf das Objekt wählt das Objekt zusätzlich aus. Shift-Klick wählt einen Bereich aus (unter MacOS entsprechend den Konventionen von MacOS).

1.4.3 Auswahl aufheben

Klick auf ein Objekt:
Hebt die Auswahl bei allen anderen Objekten auf.
Strg-Klick auf ein ausgewähltes Objekt:
Hebt die Auswahl des Objektes auf, ohne die übrige Auswahl zu beeinflussen.

Will man also die Auswahl komplett aufheben, so klickt man zuerst auf ein Objekt und hebt die Auswahl dieses (jetzt als einzigem ausgewählten) Objektes mit Strg-Klick auf. Alternativ kann man auch im Objektbaum auf „Objekte“klicken.

Dieses Verhalten scheint auf den ersten Blick umständlich. Es war mir aber wichtig, dass die Navigation (Drehen, Verschieben) einfach vonstatten geht. Wäre die Auswahl bei jedem Linksklick aufgehoben worden, so hätte man schwerlich komplexe Objekte konstruieren können.

Weiter hinten liegende Objekte können mit der TAB-Taste angewählt werden. Welches Objekt gerade aktuell ist, ist am Tooltip zu erkennen.

Wenn man eine optische Rückmeldung darüber haben möchte, welche Objekte ausgewählt sind, wählt man Extras - Ausgewählte Objekte blinken. Ich selbst finde diese Darstellung aber eher unangenehm.

1.4.4 Konstruktion von Basispunkten

Basispunkte werden

erzeugt

Vorsicht: Ist eine Ebene, Kugel, Gerade, Strecke oder ein Kreis markiert, so landet der Punkt auf diesem Objekt (Bearbeiten - Ablösen schafft Abhilfe, siehe den Abschnitt 4.2.9zum Anbinden und Ablösen).

1.4.5 Objekte konstruieren

Ohne Vorauswahl:
Man klickt auf das Objekt, das man haben möchte (z.B. Ebene - Ebene durch drei Punkte) und wählt dann die Objekte in der Zeichnung an. Welche Objekte zu wählen sind, wird unten rechts und oben im Bildschirm angezeigt. Durch Drücken von Esc kann man den Vorgang abbrechen.
Mit Vorauswahl:
Man markiert geeignete Objekte (z.B. drei Punkte) und drückt dann auf Ebene (bzw. Alt - E).

1.4.6 Messen und Rechnen

Das Menü enthält noch nicht sehr viele Befehle. Gleichwohl kann man aber praktisch alles, was man möchte, über die Eingabe von Termen erreichen. In Termen kann auf Punkte, Vektoren und andere Terme über ihre Namen zugegriffen werden.

Komplexere Messungen sind im Menü „Makros - Messen“ verfügbar.

Beispiel: Der Winkel zwischen zwei Ebenen soll gemessen werden.

Da das Termobjekt die bekannte Formel für den Winkel zwischen zwei Vektoren enthält, wird nun der Winkel zwischen den Ebenen (im Bogenmaß) korrekt angezeigt.

Die folgenden Operationen, Funktionen und Variablen sind definiert:



Operationen
+ und -
für die Addition / Subtraktion von zwei Zahlen oder zwei Vektoren
*
für Zahl / Zahl; Zahl / Vektor (Skalarmultiplikation) und Vektor / Vektor (Skalarprodukt)
/
für Zahl / Zahl und Vektor / Zahl (aber nicht Zahl / Vektor!)
hoch
für Zahl / Zahl (Potenz) und Vektor / Vektor (Kreuzprodukt)



Funktionen
sin, cos, tan:
Für Winkel im Bogenmaß
asin, acos, atan:
Die Umkehrfunktionen der o.g. Funktionen mit den bekannten Definitionsbereichen
wurzel oder sqrt:
Wurzel aus einer nichtnegativen Zahl.
abs:
Absolutbetrag einer Zahl oder Länge eines Vektors. Beachte: Die direkt über das Menü zugängliche Längenberechnung eines Vektors ist viel schneller!
vec:
Diese Funktion erwartet drei durch Kommata getrennte Argumente, aus denen sie einen Vektor erzeugt.
x, y oder z:
Diese Funktionen erwarten jeweils einen Punkt oder einen Vektor als Argument und liefern dann die x bzw. y oder z-Koordinate dieses Punktes oder Vektors.



Konstanten
  • pi = 3.1415926535897932385
  • e = 2.7182818284590452354



1.4.7 Schieberegler

Über Extras - Schieberegler oder durch Eingabe von „s=SR(1,-5,5)“ erhält man einen Schieberegler. Schieberegler eignen sich sowohl für das Einstellen von Parametern als auch zum Antreiben von Ortsflächen. Das folgende Beispiel illustriert dies:

Der entstehende Funktionsgraph kann durch Bewegen des Schiebereglers a verändert werden.

Im Einstellungs-Menü des Schiebereglers können der aktuelle Wert sowie der Wertebereich eingestellt werden.

1.4.8 Eigene Funktionen definieren

Man kann in der Termeingabe auch eigene Funktionen definieren. Angenommen, man definiert einen Term x*y und schreibt in die Parameterliste  x,y . Nun nennt man den Term „f“. Anschließend kann in anderen Termen durch Eingabe von  f(1,2)  auf die vorher definierte Funktion zugegriffen werden. Auch das Einsetzen anderer Variablen (vom richtigen Typ natürlich) sind zulässig.

1.4.9 Makros

Jede beliebige Konstruktion kann zu einem Makro gemacht werden.

Makros ohne gegebene Objekte:
Wählt man bei Makro - Abspielen eine normale Zeichnung an, bei der keine Objekte als „gegeben“ markiert wurden, so wird die Zeichnung einfach in die bestehende eingefügt. Lediglich die Namen werden so angepasst, dass es keine Überschneidungen gibt.
Makros mit gegebenen Objekten:
Angenommen, man hat zu einer Ebene eine Parallele Ebene konstruiert und möchte diese Konstruktion mehrfach verwenden. Dann markiert man die Ebene und den Punkt, durch den die Parallele geht, und wählt Makro - Als gegeben markieren. Anschließend speichert man das Makro. Markiert man nun in einer neuen Konstruktion eine Ebene und einen Punkt, so kann man bei Makro - Abspielen das eben gespeicherte Makro anwählen und erhält die Parallele (zusammen mit allen dafür benötigten Objekten, die, wenn sie nicht versteckt wurden, auch sichtbar sind).
Rekursive Makros:
Wenn in einer Makrokonstruktion die gleichen Objekttypen wie die gegebenen nochmals auftauchen, so kann man diese markieren und Makro - Rekursion auf anwählen. Dann erhält man beim Ausführen des Makros die Möglichkeit, das Makro rekursiv auszuführen. Genaueres siehe im Kapitel 12 über Makros.